READY.
In der QST, der Mitgliederzeitschrift der ARRL, wurde 1974 von K1PLP eine Formel für die Induktivität der Verlängerungsspule angegeben [K1PLP]. Sie ist in Zoll und Fuß dimensioniert und verlangt für beide Teilstrahler den selben Durchmesser. Auf den ersten Blick unterscheidet sie sich deutlich von der von mir hergeleiteten Formel. Wenn man aber genauer hinsieht, erkennt man, daß beide Fromeln im Prinzip gleich sind. Die Formel aus der QST ist nur — wohl auch als Zugeständnis zum damals noch üblichen Rechenschieber — vereinfacht und gerundet. Da die Formel immer wieder zitiert wird und auch auf anderen Webseiten für Online-Rechner herangezogen wird, habe ich mir mal die Mühe gemacht, sie abzuleiten.
Die Induktivität der Verlängerungsspule wird wie folgt angegeben:
Dabei ist A die Gesamtlänge des Dipols in Fuß, B die Länge des gespeisten Strahlers in Fuß und D der Durchmesser des Strahlers in Zoll, der auf beiden Seiten der Spule gleich groß ist. Das folgende Bild zeigt die hier verwendeten Abmessungen.
Die Herleitung der Formel geschieht grundsätzlich auf dem selben Wege wie zuvor. In den Ausgangsgleichungen besteht allerdings der Unterschied, daß ein anderer Wellenwiderstand herangezogen wird, nämlich
Diese Gleichung finded sich indirekt in [Ellingson], Gleichung (10.4.1). Im [Rothammel], Gleichung (4.3.6), ist anstelle von D der Radius gefragt, die Bedeutung von l ist nicht klar (Dipolarm oder ganzer Dipol?). In [K3OQF] ist die Gleichung auch genannt, hier sind die Länge eines Dipolarms und der Radius gemeint. Leider fehlt mir der Zugang zur Originalliteratur.
Mit dem geänderten Wellenwiderstand folgt man nun dem Rechenweg aus dem Spulenrechner. Dabei ist zu beachten, daß das entfernte Stück in der neuen Nomenklatur die Länge lx = λ/4 - B hat und die nach der Spule angefügte Spitze die Länge A/2 - B. Die Induktivität der Verlängerungspule ergibt sich also zu
Das sieht dem gesuchten Ausdruck nur zum Teil ähnlich — vor allem ein Kotangens kommt in der QST-Formel gar nicht vor. Nun ist die QST-Formel zu einer Zeit veröffentlicht worden, als der Rechenschieber noch Standard war. Einen Kotangens auszurechnen, und dann auch noch im Bogenmaß (Trigonometrische Funktionen waren üblicherweise in Grad angegeben), war sicher kein Spaß. Also ist der Kotangens genähert worden. Es gilt:
Diese Näherung wird nun angewendet, wobei die –1 von vor der Klammer kommt. Es ergibt sich
und nach etwas aufräumen
An dieser Stelle kann mit c₀ = λ·f schon mal im Vorfaktor der Term π² f² herausgearbeitet werden.
Jetzt kommt eine Rundung, die vielleicht etwas wehtut. Der Term 2π/√3 ist 3,63…, das ist — Augen zu und druch! — etwa 4. Im linken Term steht 2π/√3 · ¼, das ist 0,91…, also etwa 1. Obwohl der Fehler hier genauso groß ist, sieht es nicht ganz so schlimm aus. Nachdem wir uns von dem Schreck erholt haben, können wir uns am schönen Ergebnis erfreuen.
Jetzt soll der Übergang von einer Größengleichung zu einer
Zahlenwertgleichung in mittelalterlichen amerikanischen
Einheiten stattfinden. Man beachte, daß ein Fuß einer Länge von zwölf Zoll
entspricht.
Besondere Aufmerksamkeit verdient die Wellenlänge λ. Hier ist immer die Wellenlänge auf dem Antennendraht gemeint, also wird sie mit dem Korrekturfaktor k = 0,95 multipliziert. Außerdem soll die Wellenlänge durch die Frequenz ausgedrückt werden. Dabei wird die Lichtgeschwindigkeit natürlich in Fuß eingesetzt, also 948·10⁶ Fuß/s. Da die Wellenlänge in der Formel nur noch als λ/4 vorkommt, ist auch nur dieser Wert angegeben. Der Vollständigkeit halber soll erwähnt werden, daß diese Ersetzung nicht ganz sauber ist. Ein λ hat sich schon in den Vorfaktor als 1/f verabschiedet und bekommt jetzt keinen Korrekturfaktor mehr.
Auch hier kann natürlich kräftig aufgeräumt werden. Es ergibt sich
Wird ε₀ eingesetzt, kollabiert der erste Bruch — liebevoll gerundet — zu 1/68. Dann müssen die Brüche im Klammerausdruck nur noch leicht zurechtgerückt werden, und man erhält die Formel aus [K1PLP].
Zuletzt sollen die Formel aus der QST mit der Herleitung auf Basis des Meinke-Gundlach verglichen werden. Dazu wird die Induktivität für eine Antenne für das 10-m-Band bei f = 29 MHz berechnet. Die Spule soll genau in der Mitte sein, es ist also l₁ = l₂ oder A/2 = 2 B. Der Antennenstab soll überall einen Durchmesser von 2 mm haben, es ist also d₁ = d₂ = D = 2 mm.
Im folgenden Bild ist die Induktivität für verschiedene Berechnungsvarianten gezeigt.
QST (ARRL) Das ist die Formel aus der QST, wie sie hier diskutiert wird.
2π/√3 korrekt Diese sehr grobe Näherung, die letztenendes den Kotangens verfälscht, wird nicht gemacht.
k korrekt Der Korrekturfaktor wir auch im Vorfaktor eingerechnet, obwohl sich die Wellenlänge dort schon als f „versteckt“ hatte.
beides Anwendung beider Modifikationen der QST-Formel. — Die Formel entspricht jetzt genau der Meinke-Gundlach-Formel mit allen Modifikationen.
Erstaunlicherweise bewirken die beiden groben Rundungen, die bei der Herleitung der QST-Formel gemacht wurden, daß die Werte sich der Meinke-Gundlach-Formel annähern.
Meinke, Gundlach Formel, wie sie sich ohne Klimmzüge aus den Grundgleichungen ergibt (Herleitung im Spulenrechner). Insbesondere wird kein Korrekturfaktor verwendet, es gilt also k = 1.
cot-Entwicklung Der Kotangens wird, wie in der QST-Formel, durch die ersten beiden Glieder seiner Reihenentwicklung ersetzt. — Die Entwicklung des Kotangens hat nur einen sehr kleinen Einfluß auf die errechnete Induktivität. Damit ist gezeigt, daß die Näherung legitim ist.
Z = 60 Ω · [ ln(2l/D) - 1 ] Es wird der gleiche Wellenwiderstand wie in der QST-Formel verwendet.
k = 0,95 Der Korrekturfaktor von 0,95 wird berücksichtigt. Genau so wird die Formel im Spulenrechner verwendet.
alle drei Alle drei Modifikationen der Meinke-Gundlach-Formel. — Die Formel entspricht jetzt genau der QST-Formel ohne grobe Rundungen.
Für den Fall, daß keine Verlängerungsspule benötigt wird, wenn also die Gesamtlänge der Antenne gleich λ/4 wird, liefern alle Formeln den korrekten Wert L = 0. Die gerechneten Varianten teilen sich dann in die beiden Gruppen k = 1 und k = 0.95 auf.
[Ellingson] Steven W. Ellingson: “Reactance of the Electrically-Short Dipole.”, 22. March 2021. Retrieved 11. April 2021, from ↥https://eng.libretexts.org/@go/page/19608
[K1PLP] Jerry Hall, K1PLP: “Off-Center-Loaded Dipole Antennas”, QST, Sep 1974, pp. 28–35, 58
[K3OQF] Walter Schulz: “Designing a Vertical Antenna”, QST, Sep 1978, pp 19–21
[Meinke-Gundlach] H. Meinke, F. W. Gundlach: „Taschenbuch der Hochfrequenztechnik“, 3. Auflage, Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York, 1968
[Rothammel] Alois Kirschke, DJ0TR: „Rothammels Antennenbuch“, 13. Auflage, DARC Verlag, Baunatal, 2013